Fragen und Antworten zur Tätigkeit von Physiotherapeuten mit sektoraler Heilpraktikererlaubnis

Darf ein Physiotherapeut, der über eine auf die Physiotherapie beschränkte („sektorale“) Heilpraktikererlaubnis verfügt, als „physiotherapeutischer“ Heilpraktiker in einer nach § 124 Abs. 4 SGB V zugelassenen Praxis/Einrichtung tätig werden?

Ja, dies ist zulässig, insbesondere deshalb, weil der Therapeut im Rahmen dieser Tätigkeit ausschließlich auf der Grundlage der Ausbildungsziele gemäß § 8 MPhG tätig wird und ausschließlich „physiotherapeutische Behandlungsmethoden und Therapieformen“ gemäß der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten anwendet. Artikel 12 des Grundgesetzes gewährleistet, dass der Therapeut in seiner Berufsausübung nicht beschränkt wird (Achtung: Etwas anderes gilt für den Voll-HP – siehe unten).

Welche Vorgaben sind bezüglich des Außenauftritts der Praxis (des Praxisschilds/der Praxisschilder etc.) zu berücksichtigen?

Ob der Physiotherapeut mit sektoraler Heilpraktikererlaubnis die Berufsbezeichnung Heilpraktiker überhaupt führen muss, z.B. auf einem Praxisschild, ist bisher rechtlich nicht geklärt. Für den Patienten muss allerdings klar erkennbar sein, dass er – in der Regel auf eigene Kosten – durch einen Heilpraktiker behandelt wird. Es bestehen von daher keine Bedenken, wenn der Physiotherapeut mit sektoraler Heilpraktikererlaubnis zwei Praxisschilder an seine Haustür hängt, nämlich eines in der üblichen Form als Physiotherapeut und ein zweites Schild mit dem Hinweis auf die Behandlungsberechtigung als sektoraler Heilpraktiker Physiotherapie.

Ist ein Physiotherapeut mit sektoraler HP-Erlaubnis und einer abgeschlossenen Weiterbildung in der Osteopathie berechtigt, osteopathische Behandlungen durchführen?

Der Physiotherapeut mit sektoraler HP-Erlaubnis und einer angeschlossenen Weiterbildung in der Osteopathie hat nicht mehr Rechte als ein Physiotherapeut mit derselben Weiterbildung. Auch dieser darf nicht das volle osteopathische Behandllungsspektrum abgeben. Er darf nur die physiotherapeutischen Behandlungstechniken anwenden, die auf der Grundlage der Ausbildungsziele gemäß § 8 MPhG vermittelt wurden. Das gesamte Behandlungsspektrum der Osteopathie kann nur dann abgegeben werden, wenn eine Erlaubnis zur Tätigkeit als (Voll-)Heilpraktiker vorliegt.

Erstatten gesetzliche oder private Krankenversicherungen Leistungen, die ein Physiotherapeut mit sektoraler HP-Erlaubnis in Rechnung stellt? Wie und auf welcher Grundlage erfolgt die Abrechnung entsprechender Leistungen gegenüber den Patienten? Was muss beachtet werden?

Anders als z.B. bei Ärzten gibt es für die Leistungen von Physiotherapeuten mit sektoraler Heilpraktikererlaubnis keine amtliche Gebührenordnung, die die Höhe der Vergütung außerhalb der GKV verbindlich festlegt. Der Therapeut ist deshalb bei der Kalkulation seiner Abrechnungssätze im Rahmen der ortsüblichen Entgelte (§ 612 Abs. 2 BGB) oder aufgrund besonderer Vereinbarung völlig frei. Es sollte jedoch ein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen und darauf hingewiesen werden, dass die Leistungen nicht (bei Patienten der GKV) bzw. nur eingeschränkt (bei Privatpatienten) erstattungsfähig sind. Im Zweifelsfall sollte insbesondere Privatpatienten angeraten werden, sich bei ihrer Versicherung vor Behandlungsbeginn über die Höhe des Erstattungsanspruchs zu informieren.

Handelt es sich bei der Tätigkeit eines Physiotherapeuten mit sektoraler HP-Erlaubnis um eine freiberufliche Tätigkeit? Fällt ggf. Gewerbesteuerpflicht an?

Der Physiotherapeut bleibt auch als sektoraler Heilpraktiker Freiberufler. Eine Gewerbesteuerpflicht entsteht nicht.

Wie sind die Umsätze in umsatzsteuerlicher Hinsicht zu qualifizieren?

Die Leistungen des sektoralen (physiotherapeutischen) Heilpraktikers sind als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin gemäß § 4 Ziffer 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Darf ein Physiotherapeuten mit sektoraler HP-Erlaubnis einen (Voll-)Heilpraktiker weisungsgebunden beschäftigen?

Ja. Heilpraktiker unterliegen, anders als Ärzte, keinem Standesrecht. Es gibt zwar eine Berufsordnung der Heilpraktiker (BOH), diese hat aber nicht den gesetzlichen Charakter einer Berufsordnung, wie sie z.B. für Ärzte gilt. Nach Artikel 1 dieser Berufsordnung wird der Beruf des Heilpraktikers als Freier Beruf ausgeübt. Ein Verstoß hiergegen könnte allenfalls eine „Rüge des Verbandes“ oder ggf. einen Ausschluss aus dem Verband zur Folge haben, vorausgesetzt, der Heilpraktiker ist Mitglied dieses Verbandes. Achtung: Übt der angestellte (Voll-)Heilpraktiker seine Beschäftigung während der Öffnungszeiten einer nach § 124 SG V zugelassenen Praxis aus, könnte dies auf Widerstand der gesetzlichen Krankenkassen stoßen, weil sie dies als eine (unzulässige) Vermischung von Heilmitteltherapie und so genannten sonstigen, „gewerblichen“ Tätigkeiten ansehen und damit als Verstoß gegen die Zulassungsvoraussetzungen nach § 124 Abs. 4 SGB V werten könnten. Unsere Rechtsauffassung ist eine andere.

Muss ein Physiotherapeut mit sektoraler HP-Erlaubnis z.B. im Falle des Umzuges seiner Praxis in ein anderes Bundesland bei der dortigen Behörde einen erneuten Antrag auf Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis stellen?

Nein. Die Feststellung, dass ein Antragsteller keine Gefahr für die Volksgesundheit im Sinne des Heilpraktikergesetzes darstellt, kann im Geltungsbereich des Heilpraktikergesetzes – also in Deutschland – nur einheitlich beantwortet werden. Hat ein Gesundheitsamt diese Frage im Sinne des Antragstellers entschieden, so kann er auch in einem anderen Bundesland tätig werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Tätigkeit als Leistungspflicht ihrer privaten Krankenkasse vorliegt.

Muss ein Physiotherapeut mit sektoraler HP-Erlaubnis im Rahmen der Verordnung physiotherapeutischer Maßnahmen eine (physiotherapeutische) Diagnose auf der Verordnung angeben?

Ja. Die Durchführung der verordneten physiotherapeutischen Maßnahme durch einen Physiotherapeuten (ohne sektorale HP-Erlaubnis) erfordert die Kenntnis der Diagnose, die der Erkrankung des Patienten zugrundeliegt. Die Angabe der (physiotherapeutischen) Diagnose ist für die die Behandlung durchführende darüber hinaus für die Beurteilung der Frage, ob eine von der Umsatzsteuer befreite Heilbehandlung vorgenommen wurde, von entscheidender Bedeutung.

Muss auf einer von einem Physiotherapeuten mit sektoraler HP-Erlaubnis ausgestellten Rechnung die der Behandlung zugrundeliegende Diagnose angegeben werden?

Grundsätzlich nein. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe der Diagnose auf der Rechnung. Da die Angabe der Diagnose jedoch von den Beihilfeträgern und der Privaten Krankenversicherung für die Überprüfung des Erstattungsanspruchs gefordert wird, empfiehlt es sich – das Einverständnis des Patienten vorausgesetzt – die Diagnose auf der Rechnung anzugeben. Besteht der Patient aus oben genannten Gründen auf der Angabe der Diagnose auf der Rechnung, dann ist die Diagnose auf jeden Fall anzugeben.

Ist es dem Physiotherapeuten mit der sektoralen Heilpraktikererlaubnis erlaubt, Patienten im Rahmen der durch die GKV finanzierten Behandlungen (therapeutische) Zusatzangebote zu unterbreiten?

Ja, das ist zulässig. Sollten diese Zusatzangebote (wie z.B. zusätzliche wöchentliche Behandlungseinheiten) im zeitlichen Zusammenhang mit der Kassenbehandlung erbracht werden, ist jedoch zwingend darauf zu achten, dass die Kassenbehandlung als solche vertragskonform erbracht wird.